12. Juni 2018 – Rebenerziehung geschwänzt, blauer Brief für die Lehrkräfte

<Größere Abbildungen durch Anklicken der Fotos>

Wir sind zurück vor Ort. Hier der angekündigte direkte fotografische Vergleich von Stock Nr. 7 – der mit der grünen Schleife  – im Zustand von heute und von vor acht Wochen (wer kam nur auf die Idee mit ausgerechnet einer GRÜNEN Schleife?) :

Nr. 7 ist nur noch eine schwer abzugrenzende Fläche in einem gewucherten Blatt- und Rankendickicht. Suppentellergroße Blätter über- und untereinander. Daumendickes Holz verdreht und verwachsen, teils ineinander verflochten.Von den im März beschriebenen Knospen oder Augen gehen meterlange Triebe nach oben, links, unten, rechts, wachsen von einer Reihe über den Zwischengang hinweg in die andere.

So sieht es eben aus, wenn ausgerechnet die Lehrkräfte die „Rebenerziehung“ schwänzen. Wir hätten den Trieben eigentlich beibringen sollen, vom „Auge“ aus jeweils senkrecht nach oben zu wachsen, ohne den Nachbartrieb zu berühren. Ohne diese Lektion, ohne sanften Zwang und Fixierung von Anfang an oder gar Herausnahme der Racker, die nicht mitmachen wollen, haben sie sich verhalten wie alle Schüler: sie spielen ausgelassen Nachlauf auf dem gesamten Rebhof. Am Ende der Stämme und Beginn der gebogenen Rebe haben sich dichte  Knäuel von Trieben gebildet. die ausgelichtet werden müssen (auch hier ein Fotovergleich mit dem Stand vor acht Wochen). Nur ein Trieb bleibt und wird voraussichtlich die „Bogrebe“ für das kommende Jahr:

Wir können jetzt nur doch dafür sorgen, allen überschüssigen Pflanzenzuwachs zu entfernen, alles was nach unten hängt irgendwie nach oben zu binden oder zwischen die Drähte zu klemmen und den Durchgang zwischen den Reihen freizuhalten, so dass man bei Bedarf mit der Spritze durchgehen kann.

In Kauf müssen wir nehmen, dass durch das verspätete Hochbinden und ausschneiden die Blätter vorübergehend in die falsche Richtung zeigen und die für die Jahreszeit bereits extrem weit entwickelten  Trauben der Sonne aussetzen. Die Blätter werden sich drehen und es werden welche nachwachsen, die verbogenen Triebe werden sich etwas entspannen und in der neuen Lage einrichten. Im ersten Moment bietet sich aber eher ein Anblick des Grauens. „Winzeranwärter! Gerade noch ausreichend, setzen!“.  Aber so etwa in dieser Art war es in jedem Jahr und durchgekommen sind wir irgendwie immer.

Etwas Nachdenken lässt mich  da schon eher das extrem fortgeschrittene Stadium der  jetzt schon 20 cm langen Fruchtansätze

und dass die Reben jetzt schon „ausgeizen“ und eine zweite Generation Blüten hervorbringen (in den Blattscheiden bilden sich neue Seitentriebe, die sich ihrerseits so verhalten wie die Triebe, die im April aus dem nackten Holz gewachsen sind, nur um etwa 6 Wochen zeitversetzt; die müssen weg!):

Mein Gefühl sagt, dass alles etwa vier Wochen zu früh ist.  Demnach wären die Trauben vielleicht schon Ende August/Anfang September reif. Wir werden aber erst danach wieder hier sein.

Aber nach einigen wetter- und auch launebedingt längeren oder kürzeren Einsätzen sieht die Sache dann doch ganz manierlich aus. Herr Reblehrer hat grobmotorisch hantiert, Frau Lehrerin geduldig das verbliebene Material angeordnet und fixiert. Es folgt in den kommenden zwei Wochen noch eine Runde Ausbrechen der letzten Geiztriebe und sonstiger überzähliger Triebe, Hacken/Auflockern des Bodens (Tagelöhner,  Gott sei Dank!) und die bereits bekannte Kupfer-/Schwefelspritzung. Zwar sehen die Pflanzen im Großen und Ganzen gerade wunderschön und gesund aus*), aber Temperaturen zwischen 20 und 30 Grad und sehr hohe Luftfeuchtigkeit sind nun einmal die alleridealsten Bedingungen für  die gefürchtete „Peronospera“ (Falscher Mehltau), die Blätter, Blüten, Früchte schädigt und im Extremfall einzelne Pflanzen eingehen lässt. „Peronospora“ – nebenbei bemerkt – für den Winzer ein gehaucht, gestöhnt, gequält und widerwillig hervorgebrachtes Wort wie „Kettensägemassaker“, „Hirntod“ oder „Nebel des Grauens“. Nicht umsonst immer in der lateinischen Form gebraucht. „Mehltau“ klingt einfach zu goldig, nicht gefährlich genug.

*) Kleine Einschränkung: einige wenige Stöcke sind in allen Teilen stark gelb verfärbt, statt grün. Man würde Eisenmangel vermuten („Chlorose“), aber das ist nicht eindeutig. Die betroffenen Stöcke sind offensichtlich stark durch den Winterfrost geschädigt und wirken sehr schwach und gebrechlich.

Nachfolgend noch ein paar Fotos, dann ist das Erste für den Moment erzählt.

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