16. September 2019 – Wein 2018: Das Labor hat gesprochen

Heute wird der 2018-er analysiert. Das macht ja auch jeder Fußballtrainer, um die zurückliegenden Spiele daraufhin auszuwerten, was man in Zukunft besser machen kann. Beim Wein geht es zusätzlich aber auch darum, ihn vor dem Abfüllen so zu behandeln, dass er in den Flaschen ein paar Jahre vor Alterung geschützt ist. Exakte Analysen kann man ohne aufwändige Technik nicht gut selbst machen. Wir bemühen also gegen Honorar ein professionelles Labor und das im Hintergrund auf dem Foto abgebildete ungarische, aber gut deutsch sprechende pferdeschwänzige Fräulein.

Und die spricht zu unseren 2018-er Proben im runden Körbchen vorne links das Folgende:

  • Glasballon (2018-er Wein): 37 mg freie schwefelige Säure/Liter
  • Fass 2 (2017-er Wein Monarch/Merlot): 25 mg freie schwefelige Säure/Liter
  • Fass 4 (2018-er Wein): 29 mg freie schwefelige Säure/Liter
  • Fass 6 (2018-er Wein): 35 mg freie schwefelige Säure/Liter.

Diese wie auch das Foto völlig unromantischen Werte brauchen wir, um die erforderliche Menge freier schwefeliger Säure zu berechnen, die wir unter Beachtung der gesetzlichen Obergrenzen für Gesundheit und Verkehrsfähigkeit von 65 mg/Liter dem Wein vor dem Abfüllen zusetzen dürfen. Neben der Obergrenze für freien Schwefel gibt es noch eine von 150-200 mg/Liter für die Gesamtmenge der schwefeligen Säure zu beachten, die zwar im Laufe der Weinpflege irgendwann in kleinen Dosen zugesetzt wurde, aber von Sauerstoff und anderen Bestandteilen gebunden und nicht mehr wirksam ist. Der niedrigere Wert gilt für Wein mit weniger als 5 gr/Liter Restzucker, ist also der unsere. Wir erreichen zwar ohnehin nie die zulässige Obergrenze für den Schwefel, haben aber noch weniger Weine mit mehr als 5 gr Restzucker. Wie bereits früher erwähnt, können und wollen wir die Gärung nicht so steuern, dass sie bei einem bestimmten Restzuckerwert anhält. Unser Restzucker ist einfach der, den die Hefen am Ende gnädigerweise übrig lassen. Daher haben wir praktisch immer vollkommen durchgegorene und richtig „trockene“ Weine.

Das bestätigt heute früh auch wieder die Dame vom Labor. Wir haben nämlich für „Fass 6“ noch weitere Werte ermitteln lassen, die wir zwar für die Weinbehandlung nicht verwenden, neugierigerweise aber doch wissen wollen:

  • Gesamte schwefelige Säure: 60 mg/Liter
  • Freie schwefelige Säure: 45 mg/Liter
  • Alkohol: 12,45 Vol%
  • Restzucker: 0,4 gr/Liter
  • Säure: 6 g/Liter

Man sieht leicht, dass bei den schwefeligen Säuren noch Luft nach oben ist. Die Obergrenze für den Gesamtwert werden wir jedenfalls in keinem Fall reißen, bei der freien müssen wir uns entscheiden, was wir in den Flaschen haben wollen.

Die ganze Schwefelfrage ist aber soweit nur ein Thema von uns Weinmachern. Wir wollen ja nicht, dass die Ware im Regal vergammelt. Der Normaltrinker schaut eher gebannt auf die Werte für Alkohol, Zucker und Säure, die oft ja auch auf dem Etikett abgedruckt sind. Und sieht, dass wir mit 0,4 gr Restzucker pro Liter eher im Bereich Apfelwein rangieren. Dafür sagt uns „12,5 Vol.% Alkohol“, dass wir nur knapp 0,2 Liter davon zu trinken brauchen, um die gleiche Wirkung wie mit gut 0,5 Liter Ebbelwoi zu erzielen. Wir sehen: wenig Zucker, reichlich Alkohol. Es dürfte sehr gerne etwas mehr Zucker sein, aber woher nehmen, wenn die Hausmachertechnik nicht mehr hergibt?

Denn da ist ja noch die Säure, mit 6 g pro Liter ordentlich hoch. Rieslinge vom Rhein zum Beispiel liegen zwar oft erheblich darüber, haben aber zur Abmilderung auch mit Werten von 5,  7,  9 und mehr gr  pro Liter deutlich höheren Restzucker als unser Wein mit seinen mageren 0,4. Allgemein gilt, dass hohe Säurewerte durch Restzucker ausgeglichen werden sollen, damit der Wein „rund“ schmeckt. Man kennt das von der Salatsauce. Und es gibt auch so etwas wie ein ideales Dreickecksverhältnis zwischen Alkohol-, Säure- und Restzuckergehalt. Ist der eine Wert höher oder niedriger, sollten auch die anderen beiden jeweils in eine bestimmte Richtung verschoben sein. Damit der Wein in „Balance und Harmonie“ ist.

Dieses Wein-Yin Yang wird aber schnell weltanschaulich und Gott sei Dank von der Realität auch regelmäßig außer Kraft gesetzt. Wir lieben ja auch Menschen, die nicht direkt vom Titelbild gesprungen sind, das Pummelchen und auch den spannenlangen Hansel. Der ist länger als breit und unsere Weine haben eben viel Säure und wenig Zucker. Was soll’s? Sie haben aber Persönlichkeit und Charakter. Da kann auch das Labor nicht dagegen anmessen. Uns schmeckt er und den meisten Freunden und Bekannten, die gekostet haben, auch.

Soweit die Meldungen aus der Analysestation, mit denen wir in raschen Schritten dem großen Finale unseres 2018-er Weins entgegen schreiten. Dieses wird in diesem Weintagebuch in naher Zukunft in drei getrennten Szenen gegeben: der Filtration des Wein, der Abfüllung in Flaschen und einer großen Zusammenfassung dessen, was von der ersten Notiz im Frühjahr 2018 bis zur Einlagerung der Flaschen in den Keller geschehen ist.

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