Kurtág (*1926): Kafka-Fragmente op. 24 (1985)

Gestern am späten Vormittag Konzertmatinée im Museum Wiesbaden vor immerhin 30 Besuchern (Verwandte, Bekannte, Schüler): die virtuos aufsingenden und spielenden Carola Schlüter (Sopran) und Yumiko Noda (Violine) stellen Ihre minutiös bis ins letzte Detail durchgearbeitete Interpretation der Kurtág’schen Kafka-Fragemente von 1985 vor.

Ob sich die zwei kongenial auftrumpfenden Musikerinnen bei gleichem Aufwand und Gestaltungswillen und gemeinsamer Vorbereitung nicht eine mindest ebenso ausdrucksstarke Darbietung der Kafka-Texte selbst hätten erarbeiten, vielleicht auch improvisieren können? Über Strecken kommt das Stück so freitonal daher, dass man sich fragen kann, worin der eigentliche und unverwechselbare Beitrag des Komponisten zu diesem Vortrag bestanden hat oder warum die Musikerinnen lieber der letzten Verästelung von Kurtágs im Notentext penibel fixierterPhantasie als ihrer eigenen Erfindungsfreude folgen wollten.

Zumindest ist es nach Hape Kerkelings “HUUURZ! Auf der grünen Wiese…” extrem schwierig, ausreichend sittlichen Ernst für die Rezeption der Kafka-Fragmente zu mobilisieren. Komponist und Interpreten sollten den Kerkeling sehr genau studieren und sich ein paar gute Fertigbausätze zurechtlegen, warum genau ihr Stück keine Parodie, sondern Kunst ist und der Hape eben nicht. Ein Ritt auf der Rasierklinge, will man meinen.

Es war dennoch ein beeindruckendes Konzert. Dabei als eine kleine Kafka-Entdeckung folgendes “Fragment”:

Leoparden brechen in den Tempel ein und saufen die Opferkrüge leer: das wiederholt sich immer wieder: schließlich kann man es vorausberechnen, und es wird ein Teil der Zeremonie.

Danach in die Blaue-Reiter-(mit Ausflügen ins Sublime-)Ausstellung. Bei einigen Exponaten ähnliche Fragen wie an Kurtág.