28. März 2018 – Schneiden, biegen, binden, wundern

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Höchste Zeit für den Pflanzenschnitt. Das Holz vom letzten Jahr, an dem die Trauben des Jahrgangs 2017 hingen, muss stark zurückgeschnitten werden, um Platz zu schaffen für neue Triebe, an denen der 2018-er hängen wird.

Wie immer in etlichen Fällen kleinere Probleme mit dem Pflanzenaufbau. Nicht immer ist sofort klar, was weggeschnitten werden sollte oder besser stehen bleibt. Es rächen sich die Fehler und falschen Entscheidungen der Vorjahre. Ein Weinstock vergisst nicht.

Nach dem Schnitt müssen die losen Hölzer aus den Drähten gezogen werden. Die sind aber oft hirschgeweihartig verzweigt und dazu noch vom Vorjahr stellenweise an den Drähten festgebunden. Klein schneiden zwischen den Drähten ist lästig, losbinden ist lästig. Aus den Drähten reißen ist lästig, außerdem könnten die Ruten, die stehen bleiben, beschädigt werden. Schön ist wenn die Sonne scheint und mit innerer Ruhe gearbeitet wird. Von Stock zu Stock denken. Die ersten schwärmenden Insekten summen lassen.

Und heute sind sie zum ersten Mal da, Wildbienen und andere Winzlinge, die sich an den Vergissmeinnicht, Veilchen oder Gänseblümchen treffen.

Höchste Zeit also für den Pflanzenschnitt. Denn danach muss noch gebogen und gebunden werden. Und wenn dann schon die Knospen der Weinstöcke beginnen anzuschwellen oder gar aufzugehen, könnten sie dabei beschädigt werden. Also jetzt schnell noch biegen und binden. Wir sind mindestens 2 Wochen zu spät mit dieser Arbeit.

Vorher noch die Reihen von den Unmengen des abgeschnittenen Altholzes befreien. Große Bündel von verzweigten Altrieben unter beiden Armen, die soweit herab hängen, dass sie die Beine beim Gehen zwischen engen Reihen blockieren. Der Nachbarshund läuft mit und schaut zu wie der Haufen, der später verbrannt werden soll, wächst und wächst. So viel Altholz an nur 110 Weinstöcken! Und dabei ist das nur das, was vom Vorjahr nach mehreren Grünschnitten übrig geblieben ist.

Heute noch die Hälfte der insgesamt acht Reihen gebogen und gebunden, der Rest dann in den kommenden Tagen. Wie machen das Winzer mit 60 Hektar Rebfläche? Natürlich mit ausreichend Personal. Aber an der Handarbeit am Weinstock ändert das nichts, an den bislang angefallenen Arbeiten gibt es nichts zu mechanisieren.

Provozierend gesagt: bei einem deutschen Facharbeiterstundenlohn von nur 30 Euro und angenommen heute 8 eingebrachten Arbeitsstunden, hätten wir – ohne überhaupt für den Moment fertig zu sein – etwa 240 Euro Arbeitskosten verursacht. Wenn wir es in diesem Jahr nur auf 100 Flaschen Wein brächten, würde der also heute schon 2,40 Euro die Flasche kosten.

Und die Austriebsspritzung steht noch aus und natürlich die im weiteren Jahresverlauf – bei uns nur – 3 bis 4 weiteren Arbeitseinsätze im Weingarten, bevor überhaupt die eigentliche Weinherstellung und der Ausbau im Keller beginnen. Natürlich kann und darf man das alles so nicht rechnen, aber wie dann? Weinbau und –herstellung sind eben ein großes Mysterium, in jeder Hinsicht.

Darüber dass noch ein paar Drähte gerissen sind und ersetzt werden müssen, und die anderen neu gespannt, soll hier nur noch kurz geschwiegen werden. Und auch vom Unkraut hacken.

Ganz am Ende des Tages dann wird eine Flasche vom 2014-er aufgemacht. Der Edelknabe unter unseren Jahrgängen, ein Schön-, Vornehm- und ein wenig auch Wichtigtuer, will nichts mit der restlichen, jahrgangsweise auch recht struppigen Verwandtschaft zu tun haben. Unter welcher Sternenkonstellation der erzeugt wurde weiß der Himmel, wir nicht. Aber wir wissen wer die Reben, an denen er gewachsen ist, im Winter 2012/2013 geschnitten und gebogen hat. Und das ist dann das Ende aller Beschwerden und Rechnereien. Für heute.

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